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App-Entwicklung mit KI: Wo stehe ich?

Symbolische Illustration zur App-Entwicklung mit KI: Ein menschlicher Entwickler im Zentrum wird von zwei KI-Robotern an flankierenden Arbeitsplätzen unterstützt. Alle arbeiten an Computern in einem Raum voller Entwurfsskizzen, was die Kollaboration von Mensch und künstlicher Intelligenz im Entwicklungsprozess darstellt.

Warum mache ich das?

Als ich mit meinem App-Projekt angefangen habe, war ich fasziniert von dem Gedanken, Ideen schneller und effizienter umsetzen zu können. Anstatt des klassischen Prototypings, z.B. Erstellen eines Klickdummys in Figma, könnte ich mithilfe von KI schon fertigen Code generieren. Dieser könnte dann anschließend von Entwicklern als Basis genommen und weiterentwickelt werden. Für mich als Designer ist es besonders wertvoll, wenn ich mir zeitraubende Prozesse sparen und dadurch Hypothesen schneller überprüfen kann.

Für einen sanften Start in die Welt des Programmierens hatte ich mich für eine reine iOS-App entschieden, da es zu Xcode und Swift ausreichend Quellen im Internet gibt und es ein eher begrenztes Ökosystem ist. Wenn dieses erste Projekt abgeschlossen ist, wird es Zeit, sich an größeres zu wagen und endlich die Idee eines Projekttagebuchs als responsive Web-App Realität werden zu lassen.

Taugt der Code?

Um diese nicht unwichtige Frage zu klären, zeige ich meinem Freund Robin den Code meiner StreakFree-App. Robin ist zwar kein Swift-Entwickler, aber er hat unter anderem das gesamte TIIME-Projekt programmiert und ist alleine dadurch schon bestens geeignet, mir eine fundierte Einschätzung liefern zu können. 

Er durchstöbert dafür auf Github mein Projekt und kommentiert fleißig seine Anmerkungen. Die meisten beziehen sich auf zusätzlichen Aufwand, der entstehen würde, wenn man das Produkt weiter ausbauen würde, um z. B. eine Internationalisierung hinzuzufügen. Auch ist die Trennung der Logik nicht immer sauber, was die Wartung erschwert. Es gibt aber auch Aspekte, die Robin positiv auffallen. 

Screenshot einer Code-Review-Oberfläche im Dark Mode. Oben ein Swift-Code-Ausschnitt aus "StatisticsView.swift" mit einem roten "Daumen runter"-Symbol und dem Kommentar von "robscodingplace": "Texte sollten alle in ein Übersetzungsfile und hier nur die Ids dazu angeben." Unten ein weiterer Swift-Code-Ausschnitt aus "Level.swift" mit einem grünen "Daumen hoch"-Symbol und dem Kommentar: "Elegante/'Richtige' Lösung. Hab schon viel Spaghetticode gesehen der das irgendwie anders versucht zu machen."
Im Nachgespräch mit Robin wird dann schnell das zentrale Problem deutlich: Die KI ist nicht intelligent. Wenn ich der KI ein Problem schildere, liefert sie mir eine (sehr) gute Lösung. Für diese Lösung bedenkt sie aber nur die Bedingungen, die ich ihr nenne. Da ich besonders am Anfang noch sehr unbedarft an die Sache herangegangen bin, musste ich im Laufe des Projekts sehr viel umstrukturieren und anpassen. Dabei weist mich Gemini zwar gelegentlich auf Aspekte hin, die zu Problemen führen können, aber der Kontext der Antworten bleibt immer der Inhalt, den ich vorgebe. Sie funktioniert damit eher wie eine Suchmaschine, die ihre Antworten aufbereitet und damit z.B. auch Anpassungen am Code direkt umsetzen kann. Dadurch, dass es so wirkt, als würde man mit einer echten Person ein Gespräch führen, gerät dieser Aspekt schnell in Vergessenheit. Es lässt sich also festhalten: Wie gut ein Projekt mithilfe von KI programmiert ist, hängt vor allem von der Person ab, die mit ihr interagiert.

Mit wem arbeite ich heute zusammen?

Meine Erfahrungen beziehen sich ausschließlich auf Google Gemini Advanced als KI und doch zeigen sich Probleme, die allgemeingültig sind. Zurzeit entwickelt sich KI rasant weiter. Wöchentlich kommen neue Versionen auf den Markt, und es werden neue Funktionen hinzugefügt. Das führt zu folgendem Phänomen: Bei jedem neuen Chat, den ich beginne, habe ich das Gefühl, mir sitzt eine neue Person gegenüber. Wenn ich mit ein und demselben Problem einen neuen Chat starte, dann unterscheiden sich die Lösungen teilweise dramatisch.

Bei einem Problem mit der Synchronisierung der iCloud ist die erste Nachricht, die ich in einem Chat erhalte, immer die gleiche: Alles gar kein Problem, der Fehler ist gefunden und die Lösung ist parat. Im Laufe des weiteren Gesprächs werden die Unterschiede dann aber deutlich. Wenn man jetzt wie ich wenig Ahnung vom Programmieren hat, so besteht die Gefahr, schnell auf dem Holzweg zu sein. Mit der Zeit (und vielen Holzwegen) bin ich besser darin geworden, zumindest grob erkennen zu können, ob ein Lösungsweg plausibel ist oder sich nicht lohnt weiterzuverfolgen. Aber auch hier zeigt sich, mehr Fachwissen führt zu einer besseren Zusammenarbeit mit der KI.

Ist die Arbeit der KI planbar?

Dies führt zu der Frage der Planbarkeit. Möchte ich ein reales Produkt entwickeln, dann benötige ich einen Zeitplan und muss die Arbeit in Meilensteine und Sprints aufteilen können. Wenn wir jetzt die Story Points von Scrum nehmen, um die wahrscheinliche Arbeitsleistung eines Entwicklers einschätzen zu können, stellt sich die Frage, wie ich die Leistung der KI bemessen kann. 

Ich muss nicht nur damit rechnen, dass sich die Inhalte der Antworten täglich und mit jedem Chat ändern, sondern muss auch bedenken, dass Features auf einmal nicht mehr wie gewohnt funktionieren. So hat mir bei dem Problem mit der iCloud Synchronisierung die Funktion „Code-Ordner hochladen“ sehr geholfen. Gemini hatte Zugriff auf den gesamten Code und konnte Zusammenhänge deutlich besser herstellen und gezielt eine Lösung finden. Einen Tag später nutzte ich die Funktion, um ein anderes Problem zu lösen. Dieses Mal wollte sich Gemini aber nicht so recht mit meinem Code beschäftigen und sprach immer wieder von fehlenden Klassen, die sie erst einmal sehen müsste.

Wer bezahlt das eigentlich?

Während ich die Funktion „Code-Ordner hochladen“ benutze, stoße ich auf das nächste Problem. Gemini warnt mich, dass mein Kontingent bald aufgebraucht sein wird. Von einem Kontingent hatte ich vorher noch nie gehört und auch eine kurze Recherche führte zu keiner konkreten Antwort, wie hoch denn mein Kontingent überhaupt ist.

Eine KI wie Gemini benötigt sehr viele Ressourcen, die jemand bezahlen muss. Ich bin es mit meinen 22 € im Monat sicherlich nicht. Klar, in der jetzigen Phase muss ein Produkt wie Gemini noch keinen Gewinn erwirtschaften und die Branche ist noch in der Findungsphase. Aber je besser eine KI wird und je mehr Aufgaben sie zuverlässig erledigen kann, desto eher wird sich die Frage nach dem Preis stellen. Wenn Gemini später immer mehr einen Entwickler ersetzen kann, wird es dann nicht auch ähnlich viel wie einer kosten?

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Last modified: Juni 5, 2025

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