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Meine Thesen auf dem Prüfstand – Teil 5 meines App-Projekts

Symbolische Darstellung der Raucherentwöhnung: Eine Figur erklimmt mühsam einen Berg aus Zigarettenstummeln, als Metapher für die Schwierigkeit des Aufhörens. Das Ziel auf dem Gipfel ist eine strahlend gesunde, goldene Lunge.
Ich hatte mir während der Entwicklung von StreakFree überlegt, wie ich mich selbst austricksen und bestimmte Verhaltensmuster ändern kann. Nur funktioniert das, wenn man die dahinterliegenden Prinzipien kennt?

Kleinteilig zum Erfolg

Ich entscheide mich an einem Donnerstagmorgen das erste Mal gegen eine Zigarette zum Kaffee und klicke auf „Rauchfrei bleiben“. Der Anfang ist geschafft und es färbt sich der erste Punkt blau. Im Laufe des Tages öffne ich jedes Mal die App, wenn ich mich gegen eine Zigarette entscheide. Die blauen Punkte werden schnell mehr, und am Ende des ersten Tages blicke ich auf viele kleine, blaue Punkte. All die kleinen Entscheidungen gegen eine Zigarette werden in ihrer Menge sichtbar.
In den nächsten Tagen bleibe ich standhaft und meine Punktezahl steigt stetig. Jedes Mal, wenn ich kurz davor bin, doch eine Zigarette zu rauchen, genügt ein Blick auf die große Menge an kleinen Punkten und ich verwerfe den Gedanken. Ich habe mich schon 86 Mal gegen eine Zigarette entschieden, warum sollte ich das jetzt aufgeben und wieder bei null anfangen?

Doch dann ist es so weit. Nach neun Tagen und einem Punktestand von 103 werde ich schwach und drücke auf „Tatsächlich rauchen“. Ich habe lange gezögert, aber etwas reizte mich auch zu sehen, wie sich ein Neuanfang auf mich auswirkt.
Der große weiße Punkt auf meinem Bildschirm tut weh. Die ganze harte Arbeit scheint sich aufgelöst zu haben. Es dauert bis zu Punktestand 7, bis ich wieder so richtig motiviert bin und es Spaß macht, die blauen Punkte zu sammeln.
Es zeigt sich, dass mein kleinteiliges Punktesystem wirklich schnell motiviert, allerdings mit dem Nachteil, dass die Fallhöhe beim Scheitern sinkt und der „Tatsächlich rauchen“ Button etwas an Dramatik verliert.

Ein Levelsystem, das motiviert.

Ziel meines Levelsystems ist es, dass der Nutzer immer ein Ziel vor Augen hat, das er auch schaffen kann. „Ich muss nur noch dreimal stark sein und dann bin ich ein Level weiter.“ Dadurch hangelt sich der Nutzer so von Level zu Level, bis er kein Verlangen mehr nach einer Zigarette hat.

In der Praxis empfinde ich den Effekt als eher schwach. Durch das Levelsystem werden die Punkte gut in ihrer Größe angepasst, aber so wirklich motiviert fühle ich mich nicht durch die aufsteigenden Level. Bei der Nutzung fühle ich mich motiviert, möglichst viele blaue Punkte zu sammeln, welches Level ich dabei aktuell habe, ist eher nebensächlich. Einzig positiv ist der Wechsel von Level 1 auf 2. In Level 1 geht es nur um die erste Entscheidung gegen eine Zigarette und Level 2 sagt „Hey, die drei mehr schaffst du auch noch!“.

Motivationstexte

Bei den Motivationstexten hatte ich mich schon bei der Entwicklung der App schwergetan. Ich bin einfach nicht der Typ, der sich von Kalendersprüchen motivieren lässt. Ich fand die Umsetzung dann technisch interessant und nur so hatten sie es in die fertige App geschafft. Die Texte selbst wurden von Gemini erstellt, allerdings auch eher schlecht als recht.

Am Anfang meines Tests ignorierte ich die Texte konsequent. Ich hatte mir nur einen Bruchteil der generierten Texte im Vorfeld durchgelesen und hatte einfach Angst davor, dass mich peinlicher Quatsch erwartet.
Doch dann passierte es – bei Punkt 22 klickte ich nicht sofort auf „Schließen“. Nach einer langen Krankheitsphase im Winter sprach der Text mich an und zeigte mir, wofür es sich lohnt, mit dem Rauchen aufzuhören.

Motivationsmeldung in einer App (möglicherweise Tag 22 einer Challenge): Der Text hebt die Stärkung des Immunsystems und die geringere Anfälligkeit für Erkältungen und Infekte als positiven Effekt hervor.

Auch im weiteren Verlauf zeigt sich, dass wirklich interessante Fakten zur Rauchentwöhnung meine Aufmerksamkeit bekommen und mir einen Mehrwert bieten. Hier lohnt es sich, in Zukunft mehr Arbeit zu investieren, um die Qualität der Texte zu erhöhen.

Reflektieren

Das alltägliche Rauchen aufzugeben fiel mir am Ende leichter als gedacht. Besonders die geliebte morgendliche Zigarette zum Kaffee vermisste ich nach einigen Tagen nicht mehr. Trotzdem gab es Situationen, in denen ich schwach wurde und doch wieder rauchte. Ich nutzte jedes Mal die Möglichkeit, die Gründe für eine Zigarette zu notieren, um dann in der Retrospektive erkennen zu können, in welchen Situationen ich mich mit der Rauchentwöhnung schwertue. Diese Art von Rauchentwöhnungs-Tagebuch macht meine App auf eine Art persönlich. Sie wird zu meinem Helfer bei dieser Mission.

Haben sich die Statistiken gelohnt?

Die Statistik-Funktion kam nur aufgrund meiner Leidenschaft für Auswertungen in die App. In der Praxis ist sie besonders am Anfang hilfreich, da sie hilft, meinen Punktestand zeitlich einzuordnen. Wie oft habe ich in den vergangenen 24 Stunden an eine Zigarette gedacht und mich dagegen entschieden?

Nach ein paar Tagen zeigt sich aber auch: Ich denke immer weniger an eine Zigarette. Mein Punktestand steigt mit der Zeit also immer langsamer und die Anzahl der nicht gerauchten Zigaretten in einem bestimmten Zeitraum sinkt mit der Zeit. Also während einem eine klassische Rauchentwöhnungs-App nach 30 Tagen stolz verkündet, dass man schon 600 Zigaretten weniger geraucht hat, sind es bei StreakFree um die 200.

Hier ist es die Frage, ob die Statistiken langfristig eine motivierende Wirkung haben oder eher Spielerei sind. Interessant könnte auch ein Graph sein, der zeigt, wie sich das Verlangen nach einer Zigarette mit der Zeit immer mehr verringert.

Es funktioniert, und nun?

Ich habe seit langer Zeit nicht so wenig geraucht wie in den vergangenen Wochen. Ich habe gelernt, dass ich auch mehrere Tage problemlos ohne eine Zigarette auskomme. In immer mehr kritischen Situationen entscheide ich mich gegen eine Zigarette und dadurch komme ich meinem Ziel, einem komplett rauchfreien Leben, immer näher.
Was wäre, wenn meine App auch anderen dabei helfen könnte, mit dem Rauchen aufzuhören?

Im sechsten Teil meines Erfahrungsberichts geht es dann darum, meine App im Apple App Store zu veröffentlichen.

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Last modified: Juni 5, 2025

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